12/28/2007

Englisches Theater aus dem Stegreif

Ja, klar sind die Rahmenbedingungen nie perfekt. Diesmal war es mein "Hintermann", der offensichtlich seine Beine als so endlos lange empfand, dass er sie dauernd in meine Rückenlehne bohren musste. Böse Blicke führten, wenig überraschend, nur zur sehr kurzfristiger Linderung. Egal: Das, was die "English Lovers" da jeden zweiten und vierten Freitag auf der Bühne des Theater Drachengasse abliefern, entschädigt allemal für sämtliche unangenehme Begleiterscheinungen. 6 Englisch-Muttersprachlerinnen, die unter Vorgabe eines vagen Rahmens für die jeweils nächste Szene und Zurufen aus dem Publikum voll und ganz improvisieren. Ihre Kreativität, Wortwitz und Schlagfertigkeit sind schlicht atemberaubend. Und oft zum Brüllen komisch. Die regulären "Late Night Theater Jams" starten jeweils um 22:30 Uhr, genau die richtige Zeit für kulturbeflissene Nachtschwärmerinnen. Gute bis sehr gute Englischkenntnisse empfehlenswert.

11/26/2007

Der Frust eines Theaterfans

Nur kultivierte Leute gehen ins Theater? Denkste! Mittlerweile entwickle ich echte Aggressionen, wenn sich die Leute vor, hinter und neben mir fröhlich durchs Stück quatschen und witzeln, als ob sie daheim vor der Glotze säßen. Die Usancen schreiben hier böse Blicke vor, was erfahrungsgemäß überhaupt nichts bringt. Egal, ob im Burgtheater oder an einer kleinen Alternativ-Bühne. Egal, ob jung oder alt. Alle quatschen sie. Lautstark hüsteln und räuspern tun sie sowieso. Und es ist ein Wunder, wenn mal gerade kein Handy läutet. Ist es denn wirklich so vorgestrig, sich im Theater sittsam das jeweilige Stück anzuschauen? Wer mal von tätlichen Übergriffen in einem Wiener Theater liest: Ich war's!

11/24/2007

Von Handys, Bomben und Gefühlen

Ad hoc könnte frau meinen, dass sie beim Theaterstück "Mobil" des Spaniers Sergi Belbel eine ausschließlich heitere Persiflage der grassierenden Handymania erwartet. Weit gefehlt: Hier wird die Fixierung auf die mobile Kommunikation als Vehikel für die Entwicklung komplizierter Charaktere und Beziehungen verstanden. Mutter und Tochter auf der einen Seite und Mutter und Sohn auf der anderen - die Wege dieser vier kreuzen sich bei einem Bombenanschlag am Flughafen. Im Hochgefühl der Überlebenden setzen sie unerwartete, aber letztlich überfällige Handlungen, stets per Telefon: Befreiung via Handy. Sehr sehenswert - sofern Sie nicht das Pech haben, dass ein Mittvierziger neben Ihnen in der ersten Reihe die Füße auf die Bühne legt, theatralisch an die Decke starrt, pausenlos hustet und mit sonstigen unfeinen Aktionen permanent um ihre Aufmerksamkeit heischt. Noch bis 8. Dezember im Theater Drachengasse in Wien.

10/29/2007

Pikante Geheimnisse und literarische Kleinode

Manche Geheimnisse sind dazu verdammt, nie ans Licht zu kommen - zu ungeheuerlich sind sie, um jemals in Worte gefasst zu werden und die Reaktion des Gegenübers zu beobachten. Eine sehr schöne Lösung dafür bietet die enorm erfolgreiche Website http://postsecret.blogspot.com - in Zeiten der multimedialen Selbstenblößung werden hier zwar erstaunliche Geheimnisse preisgegeben - allerdings anonym und mithilfe des vergleichsweise altmodischen Mediums Postkarte, wobei diese selbstgebastelt sein sollte. Der Betreiber der Website scannt sie ein und stellt sie online. Jeden Sonntag neu, leider ohne Archiv. Zum Glück gibt's die gesammelten Werke auch als Buch. Achtung: Suchtgefahr! Viele der Texte gehen unter die Haut und so bald nicht mehr raus...

10/10/2007

Eva Hermann bei Kerner: Hexenjagd sticht Qualitätsjournalismus

Diesmal ein medienpolitisches Thema: Gestern war die ehemalige Moderatorin und nunmehrige Autorin von umstrittenen Sachbüchern zum Thema Geschlechterrollen, Eva Herman, in der Talkshow von Johannes Kerner im ZDF geladen. Daneben hockten ein (pseudo-) dümmlicher Mario Barth (angeblich ein Comedy-Star), eine daueraugenverdrehende Margarete Schreinemakers und eine blasierte Senta Berger, die von Hermans Bücher keine Ahnung hatte. Das war die Jury - als Richter und Staatsanwalt zugleich fungierte Johannes Kerner, dessen tendenziöse, manipulative und unseriöse Gesprächsführung ihresgleichen sucht. Immer und immer wieder drängte er sie zu einer Entschuldigung über Aussagen, die sie zum Dritten Reich gemacht hat, nach denen familiäre Werte von den Nazis pervertiert wurden (was vermutlich so unrichtig nicht ist). Dafür wurde Herman, die sich nachweislich gegen rechts engagiert, von allen in die rechte Ecke gerückt. Jedes Wort wurde gegen sie ausgelegt. Das ist ein erstaunliches Armustzeugnis eines Journalisten, der perfiderweise immer wieder betonte, er wolle Herman fair behandeln, sie aber nie ausreden ließ, dauernd die gleiche Frage stellte und Herman letztlich des Studios verwies. Ein Super-GAU der Medienpolitik, mit der sich Kerner klar selbst disqualifiziert und als Moderator untragbar geworden ist.

9/27/2007

Jorge Franco und der unmagische Realismus

Wie ist das wohl für einen spanischsprachigen Autor, der bei einem deutschen Literaturfestival ca. 5 Minuten aus seinem Roman "Rosario Tijeras" liest und danach ewig lang dem deutlich längeren deutschen Ausschnitt lauschen muss, ohne ein Wort zu verstehen? Jorge Franco nahm des beim Internationalen Literaturfestival in Berlin jedenfalls gelassen. Wofür ihn bestimmt die professionelle Simultandolmetschung der Einleitung und der Fragestunde gegen Schluss entschädigt haben. Jedenfalls hat Jorge Franco diesen Roman bereits 2001 veröffentlicht, wobei er vom magischen Realismus eines gewissen anderen Kolumbianers nicht weiter entfernt sein könnte. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen hat dieser Roman Furore gemacht. Was das alles mit dem Sänger Juanes zu tun hat und wie ich es mit der Liaison zwischen einer Auftragskillerin aus den Slums und zwei Männern aus der feinen Gesellschaft halte, lesen Sie in der ausführlichen Rezension.

Der neue Roman von Isabel Allende

Was für eine Freude, eine meiner ganz großen Heldinnen live in Wien zu erleben! (siehe Beitrag unten). Seit der Lektüre von "Das Geisterhaus" vor etlichen Jahren habe ich so gut wie alles gelesen, was Isabel Allende veröffentlicht hat - und das ist eine ganze Menge. Diesmal hat sich die Vielschreiberin mit "Inés meines Herzens" einer sehr genau recherchierten historischen Figur zugewandt, Inés Suárez, eine Spanierin, die an der Eroberung Chiles in 16. Jahrhundert beteiligt war. Wie immer ist auch dieser Roman souverän geschrieben und dreht sich, wie die meisten Bücher Allendes, um eine starke und selbstbewusste Frau. Da das Buch aber mehr Chronik denn Erzählung ist, bleibt die poetische Sprache, die ich so an ihr schätze, weitestgehend ausgeklammert. Dennoch: Lehrreiche Einblicke in eine grausame Welt, die sich in den letzten Jahrhunderten nur marginal zum Besseren gewandelt hat. Eine ausführliche Rezension gibt es hier.

9/23/2007

Gerhard Roth: Memoiren in Überlänge

Die wohl längste Lesung des Jahres erlebte ich am Freitag im Akademietheater: Gerhard Roth las mit professioneller Unterstützung von Libgart Schwarz (Burgtheater) und eines ob eines läutenden Handys unsäglich genervten Ignaz Kirchner aus seinem neuen Roman "Das Alphabet der Zeit". Beinahe 2 Stunden dauerte die Lesung, die sich allerdings als sehr kurzweilig herausstellte. Inhaltlich sind die Erinnerungen an Kindheit, Jugend etc. sehr heiter und gnädig gegenüber allen darin vorkommenden Personen geschrieben, dabei aber, wie viele Memoiren, in meinen Augen nicht unbedingt transzendental. Mit Ausnahme der politischen Dimension natürlich, da Roths Eltern beide Nazis waren. Problematisch auch hier, wie bei vielen vergleichbaren Werken, die Darstellung der Kindheitserinnerungen, in die sich die Altersweisheit des Erwachsenen mischen und somit wenig glaubwürdig wirken.

9/18/2007

Isabel Allende: Mittelmaß für einen Superstar

Wien ist leider manchmal zu anders: Die Lesung von Isabel Allende war, mit Ausnahme der Autorin selbst natürlich, von peinlichem Mittelmaß geprägt. Schon der Ort - ein Kellersaal im Musikverein - war sonderbar. Warum nicht das Burgtheater? Dazu gab es einen unerträglichen Moderator, der die Fragestunde als Forum für einen persönlichen Anti-Bush-Feldzug missbrauchte, bis das aufgebrachte Publikum ihn stoppte und er zu Fragen à la "Sind Ihre Bücher autobiografisch?" wechselte. Als Draufgabe eine lustlos wirkende Schauspielerin, die den deutschen Text augenscheinlich zum ersten Mal sah und dementsprechend unmotiviert herunterleierte. Zum Glück war da die Hauptperson, die strahlend schöne und ungemein sympathische Isabel Allende und ihr neuer Roman "Inés del alma mía" ("Inés meines Herzens"). Allerdings habe ich selten ein so enttäuschendes Drumherum erlebt wie bei dieser Lesung in Wien.

9/11/2007

Ein literarischer Geniestreich: Wolf Haas

Bereits bei Wolf Haas' Krimis hat mich weniger der Inhalt als die enorm originelle und revolutionäre Form überzeugt. Da ich mittlerweile die ständigen Wiederholungen à la "da ist der Brenner rein und wieder raus" nicht mehr lesen konnte, bin ich gar nicht so traurig darüber, dass sich Wolf Haas nun einem völlig anderen Genre zugewandt hat: erstaunlicherweise dem Liebesroman. Der Inhalt ist zwar schrecklich hausbacken, aber dafür die Form umso genialer: Das Buch besteht aus einem Interview zwischen einer Literaturkritikerin und dem Autor selbst über ein Buch, das es in Wirklichkeit natürlich gar nicht gibt. Ein echter literarischer Coup, den ihm so schnell wohl keiner nachmacht. Eine ausführlichere Rezension lesen Sie hier.

24 Stunden Literatur in Berlin

Den Lateinamerika-Schwerpunkt beim 7. Internationalen Literaturfestival konnte ich mir keineswegs entgehen lassen und reiste für knappe 24 Stunden in die deutsche Hauptstadt. Mein dicht gedrängtes Programm: die Lesung von Mario Vargas Llosa, danach die Lesung des Kolumbianers Jorge Franco und als Abschluss, als sich schon intellektuelle Müdigkeit breitmachte, eine Lesung aus dem Essay "El laberinto de la soledad/Das Labyrinth der Einsamkeit" des mexikanischen Nobelpreisträgers Octavio Paz - vorgetragen von einen unfassbar arroganten Frank Arnold als negatives Highlight.
Erfrischend unarrogant war hingegen Jorge Franco, dessen im Milieu der Drogenmafia angesiedelter Roman "Rosario Tijeras" den Sänger Juanes zum gleichnamigen Lied inspirierte. Ob das Buch über eine Auftragskillerin nun ein feministisches Schlüsselwerk ist oder nur paradoxe männliche Fantasien bedient, ließ er allerdings offen.
Insgesamt ein sehr netter, bereichender Literatur-Aufenthalt in Berlin. Vielleicht nächstes Jahr wieder!

7/19/2007

Theater-Sommertipp in Wien

Kurz, bevor ich in den Urlaub entschwinde, anbei ein Theatertipp für Kulturhungrige, die sich nicht zu den Sommertheatern außerhalb von Wien bewegen möchten. Mitten im 8. Bezirk befindet sich mein Lieblingstheater, das "Klettenheimers KleinKunstCafé", deren aus 2 Personen bestehendes Ensemble das ganze Jahr grandiose Stücke auf die Bühne bringt. Und eben auch in Sommer. Die moderne Multimedia-Version von "Macbeth", in dem sich die "Klettis" auch selbst gehörig durch den Kakao ziehen, ist noch bis 28. Juli zu sehen. Reservierung empfehlenswert, da nur ca. 30 Plätze zur Verfügung stehen. Nähere Infos unter www.klettenheimers.com
Schönen Sommer!

6/05/2007

Freuds Grenzen in New York

Seufz, schon wieder mal zu hohe Erwartungen gehabt. Das Buch "The Interpretation of Murder" von Jed Rubenfeld rund um den historisch belegten USA-Aufenthalt von Sigmund Freund und einen fiktiven Mord, der mittels Psychoanalyse aufgeklärt werden soll, hat mich nicht wirklich überzeugt. Zu hölzern sind die meisten Figuren und die Anwendung der Psychotherapie kommt im Vergleich zu den reichlich vorhandenen Krimi-Elementen in meinen Augen viel zu kurz. Die wirklich erhellenden Einblicke in die menschliche Seele halten sich leider auch in Grenzen. Apropos Grenzen: In diesem "Fall" stößt die Psychoanalyse an ihre Grenzen - was zwar in der Natur des Kriminalfalls liegt, aber einen schalen Nachgeschmack hinterlässt. Nähere Gedanken zu diesem Buch lesen Sie hier.

5/27/2007

Die Welt als Mann erleben

Schon lange spiele ich mit dem Gedanken, mich als Mann zu verkleiden, um zu sehen, ob mir die Welt anders begegnen würde. Aber schon bei den Vorbereitungen brach ich das Experiment ab: lässige Kappe von meinem Freund, dessen eckige Sonnenbrille, seine Jeansjacke – und dennoch sah ich unverkennbar weiblich aus: die Löcher in den Ohren, die weichen Gesichtszüge, schwer zu verbergende Rundungen. Es war aussichtslos. Und dann stieß ich auf Norah Vincent und ihr grandioses Buch „Self-Made Man“. Sie hat es geschafft, über ein Jahr lang glaubwürdig, wenn auch oft als „etwas feminin“ und „möglicherweise schwul“ wahrgenommen, durchs Leben zu gehen. Ein Buch, das mir wahrlich die Augen geöffnet hat – und einen wunden Punkt aufgedeckt hat, nämlich das weibliche Überlegenheitsdenken – siehe Rezension.

Ein Mini-Experiment erlaubte ich mir dennoch: ich ahmte männliches Verhalten nach. Ich ging in die Bäckerei und sagte: „ein Korn-Croissant“ – und zwar ohne zwanzig „grüß Gott“, „bitte“, „danke“, „schönen Tag“ und „auf Wiedersehen“. Ich wurde genauso freundlich bedient wie bei meinem Auftritt als Frau am nächsten Tag. Was lerne ich daraus? Vielleicht sollte ich einfach aufhören, mich als Frau indirekt für meine bloße Existenz zu entschuldigen.

Mein Freud'scher Hunger: Jed Rubenfeld

Nach jedem neuen Buch von Irvin Yalom, das ich verschlinge, bin ich gleichzeitig bereichert und enttäuscht. Denn ich muss warten, bis das nächste erscheint. Deshalb bin ich ständig auf der Suche nach Autorinnen, die in ihren Büchern psychotherapeutische Theorie und Praxis einarbeiten, ohne dabei schulmeisterhaft daherzukommen. Irvin Yalom ist der erklärte Meister - Yoram Yovell kann ihm dabei nicht ganz das Wasser reichen. Nun kommt neue Hoffnung auf: Der amerikanische Verfassungsjurist Jed Rubenfeld, der von seinem letzten Sachbuch angeblich nur sechs Exemplare verkaufte, hat sich mit seinem Roman "The Interpretation of Murder" (deutsch, logo: "Die Morddeutung") auf Anhieb in die Bestsellerlisten katapultiert. Sigmund Freud löst mithilfe der Psychoanalyse einen Mord. Auch wenn Krimis sonst so nicht mein Ding sind - ich kann den Postler mit dem Amazon-Paket unterm Arm kaum erwarten! Einmal klingeln reicht vollkommen, auch um halb 8 in der Früh. Rezension folgt.

5/17/2007

Kabarett: Starke Frau an Bord

Eher selten sind sie auf der Bühne heimischer Kabaretts anzutreffen: Frauen. Nadja Maleh ist eine von ihnen. Ihr erstes Soloprogramm namens "Flugangsthasen"ist ein wunderbarer Cocktail aus hervorragendem Witz, Tiefgang, gesanglicher Einlagen sowie Gestik und Mimik. Die pantomimische Begleitung von Herbert Grönemeyers "Männer" muss ihr erst mal jemand nachmachen. Für ihre Performance braucht Nadja Maleh nichts mehr als ein Mikrofon. In Bruchteilen von Sekunden verwandelt sie sich von einer aggressiv freundlichen Stewardess, die durch den Flug und das Entertainment führt, in eine laszive Telefonsex-Tante, eine biedere Weltverbessererin, eine talentlose Egozentrikerin oder eine indische Seelenfängerin. Das alles bewerkstelligt sie rein über Körperhaltung, Stimmlage und Akzent - das Publikum war begeistert. Ich habe Tränen gelacht!

5/15/2007

Mein Lieblingsitaliener in Wien: Andrea De Carlo











So schnell kann's gehen: Meine etwas abgeflaute Liebe zu Andrea De Carlo ist neu entflammt. Nicht, weil er einen rundum überzeugenden neuen Roman hingelegt hätte. Sondern weil ich ihn bei der heutigen Lesung in Wien (Thalia) als umwerfend sympathisch, charmant, einnehmend und sprühend vor Esprit erlebt habe. Und für seine 54 Jahre sieht er auch noch sehr gut aus. Sie sehen: Auch Frauen sind berechenbar. In der übervollen Lesung erzählte der Autor auf Italienisch und sehr gutem Englisch von seinem Engagement für die Umwelt, der Medienpolitik Berlusconis und die grundverschiedenen Wesen Mann und Frau. Und las natürlich aus "Wenn der Wind dreht" vor. Getrübt wurde die Stimmung in meinen Augen nur von der oberlehrerhaften Diskussionsführung von Gabi Madeja. Abschließend noch ein Autogramm - und sogar ein Foto mit dem Autor. Meinetwegen groupiehaft, aber eine schöne Erinnerung an einen inspirierenden Abend.

5/09/2007

Liebe, lustvoll seziert

Gestern habe ich ein hochgradig empfehlenswertes Theaterstück in englischer Sprache gesehen (läuft noch bis Samstag, 12. Mai). Das "Vienna Theatre Project" zeigt im Ensemble am Petersplatz das Stück "Closer" des Engländers Patrick Marber. Es geht um ein zeitloses Thema: Liebe und die Bedingungen der Liebe, das Ende der Liebe, die ungelösten Fragen hinter menschlichen Reaktionen, die Willkür der Liebe, Verrat, Leidenschaft und Eifersucht. Das alles sehr modern, sehr zeitgemäß - wo Sex wenig mit Liebe zu tun hat. Die Handlung dreht sich um zwei Pärchen, die auseinandergehen, um dann mit dem jeweils anderen eine Beziehung einzugehen, sich wieder trennen usw. Herzzerreißend traurig, streckenweise zum Brüllen komisch und prickelnd erotisch. Und vor allem eins: sehr realistisch.
Hier ein paar Zitate zum Philosophieren:
[Alice, getting dumped by Dan] Why isn't love enough?
[Alice, back together with Dan] Where is your love? I can't feel it, I can't touch it, I can't hear it. It's just easy words.
[Larry to Dan] Companionship will always trump passion.
[Larry] Then life ends. We never survive.

4/30/2007

Die unerträgliche Qual der Lektüre: Marisha Pessl

Marisha Pessl ist bildhübsch (siehe Foto), ist laut diverser Medienberichte zuckersüß und gibt sich gleichzeitig sehr bedeckt über die eigene Person. Alles an ihr scheint perfekt zu sein. Sie wohnt im schicken New Yorker Tribeca, hat mit 25 einen Investmentbanker geheiratet, hat zwei Katzen namens Hitchcock und Fellini. Marisha Pessl scheint keine Makel zu haben - außer den, dass sie in meinen Augen der Welt ein fast unzumutbares Werk beschert hat.
Selten habe ich die Lektüre eines Buches als so unerträglich empfunden wie bei diesem Erstlingsroman mit dem mysteriösen Titel "Special Topics in Calamity Physics". Auf über 500 Seiten präsentiert Pessl eine völlig überbewertete, bestenfalls peripher interessante und grobschlächtig konstruierte Coming-of-Age-Geschichte, die in einem karikaturhaften Kriminalfall gipfelt. Dieser Roman ist ein ernstzunehmender Kandidat für die „Enttäuschung des Jahres 2007“. Hier geht's zur ausführlichen Rezension.

4/24/2007

Mein Debüt als Literaturkritikerin

Die Wiener Hauptbibliothek war gestern Schauplatz einer erstmals vor Publikum ausgeübten "Tätigkeit" meinerseits: plaudern über Literatur. Anlässlich des ersten "Readers' Round Table", der in Zukunft monatlich stattfinden soll, tat ich meine sehr positive Meinung zu Daniel Glattauers "Gut gegen Nordwind" kund. Und verteidigte den Roman auch gleich gegen nicht unscharfen Gegenwind aus den Reihen der anderen Expertinnen am Podium. Allzu leichte Kost, lediglich die Anbahnung eines Seitensprungs? Das sehe ich mitnichten so. Ich finde, mit diesem E-Mail-Roman ist dem Autor ein bestechendes Sittenbild über weibliche und männliche Gefühlswelten und eine treffende Bestandsaufnahme von Beziehungen in der schönen neuen EDV-dominierten Welt gelungen. Eine ausführliche Rezension gibt's hier.

4/10/2007

Andrea De Carlo und mein Liebeswille

Gleich vorweg: Ich liebe Andrea De Carlo - und das aufgrund eines einzigen Buches, nämlich dem grandiosen "Wir drei". Seit damals warte ich geduldig auf einen Grund, um Andrea De Carlos Literatur noch mehr zu lieben. Das macht er mir allerdings nicht leicht. Auch sein neuester Roman "Wenn der Wind dreht" ist nicht unbedingt dazu angetan, meine Leidenschaft in neue Höhen zu befördern. Die Geschichte ist zwar spannend - Mailänder Yuppies treffen auf Aussteiger-Kommune am Land - und die Dialoge gut gelungen, dem Ganzen fehlt aber Tiefgang, um längerfristig in Erinnerung zu bleiben. Vielleicht nehme ich einfach wieder mal "Wir drei" zur Hand. Hier klicken, um eine ausführliche Rezension über den neuen Roman von Andrea De Carlo zu lesen.

4/06/2007

Doris Dörrie: Skurriles Hollywood-Land

Doris Dörries neuer Roman "Und was wird aus mir?" liest sich in der ersten Hälfte rasant und vereint alle Vorzüge dieser Autorin - vor allem ihre spitze Feder und ihr Gespür für Zwischentöne. Quintessenz: Ehemals erfolgreicher deutscher Regisseur in Hollywood ist schon lange nicht mehr das, was er einmal war. Nur bei den jährlichen Besuchen seiner ekelhaft pubertären Tochter gaukelt er ihr die Welt des Reichtums und des Luxus vor. In der zweiten Hälfte des Romans kippt die Handlung ins allzu Skurrile, alles läuft aus dem Ruder und die Glaubwürdigkeit bleibt völlig auf der Strecke. Schade! Eine ausführliche Rezension lesen Sie hier.

3/26/2007

Literatur liegt in der Familie










Der Hang zur Literatur liegt ganz klar in der Familie. Als erstes Familienmitglied hat meine Mutter den Sprung unter die veröffentlichten Schriftstellerinnen geschafft und beim Linzer Verlag Denkmayr ihr erstes Kinderbuch mit dem Titel "Handyberg" herausgegeben (das Sie übrigens hier bestellen können). In dieser zwischen Realität und Fantasie angesiedelten Geschichte gerät ein Geschwisterpaar in den Machtbereich des bösen "Handyking". Ein Werk über den Sinn und Unsinn des Handybooms, ganz ohne Pädagogik-Keule und mit einer kindgerechten Portion Wortwitz und Humor. Seit der Veröffentlichung gibt meine Mutter unter ihrem Künstlerinnennamen Sita R. de Jenner landauf, landab Lesungen - so wie auf den Fotos in St. Pölten, wo sie von ihren jungen Fans nach der interaktiven Lesung regelrecht gestürmt wurde. Da soll noch jemand sagen, die heutigen Kids interessieren sich nicht für Bücher...!

3/12/2007

Neue Bücher von Doris Dörrie und Andrea De Carlo










Sehnsüchtig erwartet, hier sind sie, die neuen Bücher zweier meiner Lieblingsautorinnen: Doris Dörrie und Andrea De Carlo - wobei Letzterer ein Mann ist. Warum ich dennoch (und eigentlich gerade deswegen) "Lieblingsautorinnen" schreibe, kann in meinem neben stehenden Profil nachgelesen werden.

Ich freue mich also sehr auf die Lektüre von "Und was wird aus mir?" von Doris Dörrie. Das Thema finde ich persönlich ad hoc wenig spannend - Vater-/Tochterkonflikt - , schätze aber den grandios lakonischen Stil der Autorin so sehr, dass ich voraussichtlich auch am Thema Gefallen finden werde. Rezension folgt.

In "Wenn der Wind dreht" nimmt Andrea De Carlo laut Spiegel auch diesmal wieder die heutige Gesellschaft sehr kritisch unter die Lupe und lässt dabei die gut situierte Welt von erfolgreichen Menschen auf eine wenig soignierte alternative Landkommune prallen. Bin sehr gespannt, wie der Autor dies sprachlich rüberbringt. Rezension folgt ebenso.

3/11/2007

Der Blog, auf den die Welt noch gewartet hat

Der hunderttausendste Blog der Welt? Genau der Blog, auf den die Welt gewartet hat und auf den sie in Hinkunft nicht wird verzichten können? Jawohl, das ist mein Blog - der Blog von www.kurzgeschichte.at und www.buchrezension.eu, aus der stets spitzen Feder von Dagmar Jenner. Wenn ich diese nicht gegen entsprechende Bezahlung für die Kundinnen meines Einzelunternehmens Texterei spitze, kommt sie hier zum Einsatz - natürlich völlig gratis und dabei nicht weniger spitz.

In herrlich unregelmäßigen Abständen werde ich hier über mehr oder weniger weltbewegende Dinge berichten, die mir wichtig erscheinen und damit meinen Newsletter ablösen. Eines der wichtigsten Themen wird bestimmt die Literatur sein, aber auch meine Meinung zu Politik, Wirtschaft, Klimawandel, Soziales etc. hat gute Chancen, hier das Licht des Cyberspace zu erblicken. Und natürlich meine Dauerlieblingsthemen wie Rechtschreibung, Grammatik und schlechte Übersetzungen. Auf baldiges Wiederlesen und der Vollständigkeit halber... hello world!