3/29/2008

Theaterfrust in Paris

Hiiilfe! Ich hielt es für eine hervorragende Idee, mir mit zwei netten Leuten während meines Paris-Aufenthalts ein Stück von Eric-Emmanuel Schmitt namens "La tectonique des sentiments" anzusehen - gleich um die Ecke von den Champs-Élysées. Was kann da schiefgehen? Leider so ziemlich alles. Das Stück an sich ist eine Katastrophe: Da biegen sich die Theaterbalken vor lauter Oberflächlichkeit und Banalität und himmelschreienden Klischees (die toughe Politikerin und zugleich zutiefst unsichere Frau, die liebe Prostituierte & Co.). Die karikaturhaft wirkenden Figuren garnieren das Ganze noch mit doofen Witzchen und verzichtbaren kleinen Tanzeinlagen. Die Inszenierung ist extrem konventionell und die Schauspielleistung zum Teil bestenfalls mittelprächtig. Ach ja, es geht um Beziehungskiste. Selten hat jemand ein so spannendes Thema so misslungen auf die Bühne gebracht. Das Stück wirkt wie direkt aus einem Creative Writing-Seminar für noch sehr unbeholfene Dramaturginnen und erinnert in seinem überbordenden Pathos frappierend an Telenovelas. Immerhin war der anschließende Gin Tonic gut...

3/06/2008

Literarisch grauenvoller Jahresbeginn

Schrecklich, was mir das neue Jahr ganz am Anfang literarisch zu bieten hatte: einen Roman des französischen Erfolgsautors Marc Levy. Nachdem er seit Jahren auf den Bestseller-Listen ganz oben ist, fand ich die Zeit gekommen, auch mal was von ihm im Original zu lesen. Gesagt, getan: "La prochaine fois" (deutscher Titel: "Bis ich dich wiedersehe") hat alle Negativ-Erwartungen locker getoppt. Das Buch gehört zum Schlechtesten, was ich bisher gelesen habe (und das ist eine ganze Menge). Ich war so wütend, dass ich oft drauf und dran war, das Buch in die Ecke zu pfeffern. "La prochaine fois" bietet eine hanebüchene Liebesgeschichte mit absurden übernatürlichen Elementen, komplett unglaubwürdige Charaktere, lächerlich banale Dialoge und Klischees en masse. Sehr empfehlenswert für Fans von Arztromanen. Ansonsten: Bitte unbedingt die Finger davon lassen. Eine ausführlichere Rezension gibt es hier.

Konzert statt Theater?

Nach berufsbedingter Pause hat mich mein Blog wieder! In der Zwischenzeit konnte ich auch wissenschaftlich einwandfrei nachweisen, wo denn die ganzen hochgebildeten, kulturbeflissenen und zivilisierten Leute sind, die ich im Theater immer schmerzlich vermisse: Sie gehen ins Konzert. Kürzlich war im bei Konzerten im Wiener Musikverein und auch im Konzerthaus. Bei beinahe dreistündigen Konzerten läutete kein Handy, es wurde nicht getuschelt, keiner haute mir die Knie ins Kreuz. Gehüstelt wurde ausschließlich dann, wenn applaudiert wurde, also zwischen den einzelnen Musikstücken bzw. Sätzen. Fehlt nur noch, dass ich für die Musik eine ähnliche intensive Passion entwickle wie fürs Theater und für die Literatur und schon steht dem grenzenlos zivilisierten Kunstgenuss nichts im Weg. Wobei ich auch kräftig dazu beitragen würde, den Altersschnitt im Konzertsaal zu drücken. Jung und hip sind allerhöchstens die Musikerinnen auf der Bühne. Übrigens: Das schöne Bild stammt von amenove/flickr.com