8/27/2009

Ein Preis für RezensentInnen

Mal ganz was Neues: Dass es massig Literaturpreise für Schreibende gibt, ist bekannt. Nun gibt es aber auch einen Preis, neudeutsch "Award", für Menschen, die Rezensionen schreiben. Ich finde das äußerst sympathisch! Bei der Aktion "Leser-Rezension" gehe ich mal davon aus, dass auch Frauen Rezensionen einreichen dürfen - ach ja, die sind vermutlich selbstverständlich ohne jegliche Diskriminierung mitgemeint. Der oder die SiegerIn bekommt dann den Lese-Kompass 2009 verliehen, wird im ZEIT-Magazin abgedruckt und erhält Eintrittskarten für die Verleihung des internationalen Buchpreises "Corine 2009" in München inklusive Übernachtung. Mitmachen dürfen ausschließlich Hobby-RezensentInnen, keine Profis. Die Jury besteht aus Ildikó von Kürthy, Oliver Bottini und Jörg Thadeusz. Einsendeschluss ist der 30. September 2009. Alle Infos gibt es hier. Das Ganze ist übrigens eine Aktion des Literaturportals Lovelybooks.

8/10/2009

Das Buch des Sommers: The Namesake

Das beste Buch des bisher an Highlights nicht armen Lesesommers ist für mich ganz klar "The Namesake" der indischen Autorin Jhumpa Lahiri. Der deutsche Titel lautet "Der Namensvetter". Eine ausführliche Rezension gibt es hier. Auch wenn ich grundsätzlich wenig Lust auf eine weitere Immigrantinnen-Saga hatte, ist es dieses Buch allemal wert: Erzählt wird die Geschichte einer von Indien in die USA ausgewanderten Familie im Allgemeinen und die des nach dem Schriftsteller Gogol benannten Sohnes im Besonderen. Das alles mit grandiosem Stil, Blick für Details und sehr viel Empathie für die Hauptpersonen. Ein wunderbares Abtauchen in eine kurios wirkende Welt. Während mich dieser Roman restlos begeistert hat, war ich von Jhumpa Lahiris Debüt, dem Kurzgeschichtenband "Interpreter of Maladies"(deutsch: Melancholie der Ankunft), weniger angetan.

7/20/2009

Monica Seles: grandioses Tennis, gutes Buch

Frau kann ja von Autobiografien und Memoiren erfolgreicher Sportlerinnen halten, was sie möchte - aber dieses Buch von Monica Seles, der ehemaligen Nummer 1 des internationalen Damentennis, kann ich wirklich wärmstens empfehlen. Soweit ich das beurteilen kann, hat Monica Seles das Buch ohne Ghostwriter geschrieben, was ihr auch hervorragend gelungen ist. Sie erzählt von ihrer außergewöhnlichen Tenniskarriere, die durch das Messerattentat 1993 in Hamburg ein (vorläufig) jähes Ende fand. Dann kam der lange Weg zurück und ihr erfolgreiches Comeback, allerdings begleitet von Verletzungen, starken Gewichtsproblemen und den Verlust ihres Vaters. Monica Seles kommt hier enorm sympathisch, ehrlich, unkompliziert rüber, sodass ich nicht umhin konnte, mir zu wünschen, sie persönlich kennen zu lernen. Immerhin: Ich bin ein Fan von ihr auf Facebook!

7/11/2009

Sommerlektüre

Weitestgehend erfreulich gestaltet sich meine diesjährige Sommerlektüre: Ich verschlinge Bücher am laufenden Band bei angenehmen 40 Grad mit wenig Luftfeuchtigkeit. Zwar war das gestrige Buch völlig überkandidelt, nämlich "The Interpreter" von Suzanne Glass, aber dafür waren alle anderen Bücher bisher sehr lesenswert. Auf Spanisch habe ich mein nunmehr zweites Buch des Peruaners Jaime Bayly gelesen, eine völlig kitschfreie Ode an die Macht der Freundschaft und die Kunst des Verzeihens. Das Buch heißt "Y de repente, un ángel" (siehe Foto) und hat Spuren hinterlassen. Davor hat mir die Lektüre von "Last Night at the Lobster" von Stewart O'Nan als Literatur-Miniatur gut gefallen, aber wird voraussichtlich weniger bleibende Spuren hinterlassen. Von einer absolut durchgeknallten Familie, die man wohl niemals erfinden könnte, las ich in "Running with Scissors" von Augusten Burroughs. Jetzt nehme ich mir "American Pastoral" von Philip Roth vor. Ich werde berichten.

7/06/2009

Augusten Burroughs: Running with Scissors

Augusten Burroughs, Schulabbrecher, ehemaliger Alkoholiker, erfolgreicher Texter und nunmehr besonders erfolgreicher Schriftsteller, hat eine total verkorkste Kindheit hinter sich. In seinem Buch "Running with Scissors", das in der deutschen Übersetzung den in meinen Augen sehr banal wirkenden Titel "Krass!" trägt, gibt bis ins letzte Detail Aufschluss darüber. Was ich anfangs für ein belangloses Buch hielt, hat mich letztlich auf der ganzen Linie überzeugt. Zur ausführlichen Rezension geht's hier.

5/18/2009

"Les falsificateurs" von Antoine Bello

All jenen, die des Französischen mächtig sind, sei dieses Buch von Antoine Bello empfohlen, das bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde. Auch für Nicht-Muttlersprachlerinnen (wenngleich mit hohem Sprachniveau) ist dieses Buch vergleichsweise einfach zu lesen, da es nicht auf der stilistischen, sondern auf der inhaltlichen Ebene überzeugt. Es geht um eine hochgeheime Organisation, die die Wirklichkeit fälscht (daher der Titel "Die Fälscher"), deren ultimative Ziele aber nicht bekannt sind. Sehr spannend, sehr lehrreich - und vielleicht eine Parabel auf die Suche nach dem Sinn des Lebens. Absolut unnötig finde ich es wiederum, dass der Autor eine Fortsetzung dieses Romans in Aussicht gestellt hat - das ist gar nicht notwendig! Hier geht es zur ausführlichen Rezension.

4/26/2009

Neue Rezensionen und Literatur-Dissertation

Lange nichts geschrieben! Nun melde ich mich wieder zu Wort mit zwei neuen Rezensionen: eine über Daemon von Daniel Suarez und eine über Das Siegel der Tage der ungleich bekannteren Isabel Allende, ihres Zeichens eine meiner absoluten Lieblingsschriftstellerinnen. Da trifft es sich gut, dass ich auf der Suche nach einem Thema für meine Dissertation in spanischer Literatur (im Entstehen am Romanistik-Institut der Uni Wien) gar nicht lange nachdenken musste, wem ich die nächsten paar Jahre einen Teil meiner Freizeit widmen werde. Das Thema wird voraussichtlich folgendermaßen lauten: "Magischer Feminismus - feministischer Realismus. Frauenfiguren im Werk Isabel Allendes". Laufende Berichterstattung folgt.

2/26/2009

Gerbrand Bakker: ohne Buch, aber mit viel Sympathie

Eine etwas kuriose, letztlich aber enorm unterhaltsame Lesung bot sich gestern in der Wiener Hauptbibliothek. Gleich anfangs fragte die Organisatorin (ohne Begründung), ob jemand das niederländische Original des Erfolgsromans "Oben ist es still" dabei hätte. Es stellte sich heraus, dass der Autor sein eigenes Buch im Original nicht dabei hatte - sehr wohl aber die deutsche Übersetzung. Aus der las der durchaus des Deutschen Mächtige dann vor und plauderte zwischendurch über sein Werk - das täte man in Holland so, meinte er. Erfrischend anders war das. Auch am Podium: die österreichische Autorin Andrea Winkler, die eigentlich als Moderatorin fungieren sollte, aber erstaunlich planlos und unvorbereitet wirkte. Eingangs versprach sie, in ihrer Einleitung über den Autor nicht zu "klügeln" - um schließlich exakt das zu tun. Ärgerlich, wenn frau im Publikum ein bisschen für blöd verkauft wird. Dennoch: ein schöner, unterhaltsamer Abend mit Überlänge, die niemanden störte.

2/17/2009

Alter Kleist in modernem Gewand

Grad mal in Berlin angekommen, konnten wir der Theater-Versuchung nicht widerstehen. Ausgestattet mit wohfeilen Halbpreiskarten besuchten wir das Maxim Gorki-Theater, um die Ecke der Prachtstraße "Unter den Linden". Am Programm: "Amphytrion" von Kleist - anspruchsvolles Theater, modern und schwungvoll präsentiert - sogar der kichernden Schulklasse hat's gefallen. Noch nie auf der Bühne erlebt hatte ich gesprochene Regieanweisungen, wie sie im Originaltext zu finden sind. Da sagt also der Hauptdarsteller: "Abgang Amphytrion". Sehr kurzweilig!

Der verlorene Faden bei Kafka?

Sehr praktisch: Im Burgtheater kann frau sich Kafkas "Prozess" in verträglichen 75 Minuten in einer Bühnenfassung zu Gemüte führen. Philipp Hochmair verkörpert zum Teil Josef K., zum Teil liest er Auszüge in der 3. Person. Uns (meiner ebenso literaturbegeisterten Zwillingsschwester Judith und mir) hat die moderne Fassung, aus der allerersten Reihe betrachtet, sehr gut gefallen. Nur rätseln wir nach wie vor darüber, ob der "Aussetzer" des Schauspielers in der ersten Hälfte Teil der Inszenierung war oder ob er tatsächlich ein Blackout hatte. Danach gab es sehr wohl Stellen, in denen Verwirrung und abrupt abbrechende Sätze vorgesehen waren. Aber angesichts der doch zu lange anhaltenden Stille denke ich, dass er hier wirklich den Faden verloren hat. Dementsprechend zerknirscht wirkte der Schauspieler dann auch beim Schlussapplaus. Oder habe ich mir das eingebildet?

2/08/2009

Stewart O'Nan: kurz und bündig in Wien

Auf Einladung von Richard Jurst von Buch & Wein las der von der Kritik hochgelobte amerikanische Schrifsteller Stewart O'Nan erstmalig in Wien - und zwar aus seinem neuen Roman "Songs for the Missing". Schauspieler Robert Reinagl las alternierend mit dem Autor aus der deutschen Übersetzung ("Alle, alle lieben dich"). Nach einer knappen halben Stunde mit nur wenig packenden Textstellen war das Vergnügen auch schon wieder vorbei. Gäste in den hinteren Reihen hörten laut Tonproblemen - überraschend bei einem so erfahrenen Veranstalter - anscheinend im ersten Teil wenig bis gar nichts. Als Entschädigung gab es einen grundsympathischen Autor, der mit endloser Geduld seine Bücher signierte. Ungewöhnlicher Veranstaltungsort war übrigens das Lokal Steindl im 6. Bezirk unweit der Mariahilfer Straße.

1/21/2009

Weißbuch Frauen, Schwarzbuch Männer

Absolut hinreißend fand ich den Abend mit Sibylle Hamann, die Essays über die Benachteiligung von Frauen las und angeregt mit dem Publikum in der Bücherei Liesing diskutierte. Das von ihr gemeinsam mit Eva Linsinger herausgegebene "Weißbuch Frauen, Schwarzbuch Männer. Warum wir einen neuen Geschlechtervertrag brauchen" liefert das dazu passende statistische Datenmaterial. Da kann frau z.B. nachlesen, dass nur 4% der Männer in Väterkarenz gehen, dass erstmals die Mehrheit der Uni-Abschlüsse Frauen gehören und dass Männer genau dann am meisten Überstunden machen, wenn ihre Kinder klein sind. In der Diskussionsrunde plädierte die äußerst flotte und rhetorisch begabte Hamann für eine Neustrukturierung der Lebensarbeitszeit, für Teilzeit-Jobs für alle und für ein generelles Umdenken in der Leistungsgesellschaft, die meistens jene belohnt, die möglichst lange im Büro hocken. Absolut berechtigt auch die Forderung nach einer Erhöhung des Pensionsalters für Frauen. Ein gesellschaftliches Umdenken ist natürlich sowieso gefragt: Warum wird die Vereinbarkeit von Beruf und Karriere immer nur als Frauenproblem gesehen? Und warum werden Männer ausführlich dafür gelobt, was Frauen seit jeher wie selbstverständlich machen: sich um die Kinder kümmern, den Haushalt schmeißen etc. Es ist noch ein sehr weiter weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau...

Übrigens: Hier können Sie das Buch zum "Sachbuch des Jahres" wählen!