2/26/2009

Gerbrand Bakker: ohne Buch, aber mit viel Sympathie

Eine etwas kuriose, letztlich aber enorm unterhaltsame Lesung bot sich gestern in der Wiener Hauptbibliothek. Gleich anfangs fragte die Organisatorin (ohne Begründung), ob jemand das niederländische Original des Erfolgsromans "Oben ist es still" dabei hätte. Es stellte sich heraus, dass der Autor sein eigenes Buch im Original nicht dabei hatte - sehr wohl aber die deutsche Übersetzung. Aus der las der durchaus des Deutschen Mächtige dann vor und plauderte zwischendurch über sein Werk - das täte man in Holland so, meinte er. Erfrischend anders war das. Auch am Podium: die österreichische Autorin Andrea Winkler, die eigentlich als Moderatorin fungieren sollte, aber erstaunlich planlos und unvorbereitet wirkte. Eingangs versprach sie, in ihrer Einleitung über den Autor nicht zu "klügeln" - um schließlich exakt das zu tun. Ärgerlich, wenn frau im Publikum ein bisschen für blöd verkauft wird. Dennoch: ein schöner, unterhaltsamer Abend mit Überlänge, die niemanden störte.

2/17/2009

Alter Kleist in modernem Gewand

Grad mal in Berlin angekommen, konnten wir der Theater-Versuchung nicht widerstehen. Ausgestattet mit wohfeilen Halbpreiskarten besuchten wir das Maxim Gorki-Theater, um die Ecke der Prachtstraße "Unter den Linden". Am Programm: "Amphytrion" von Kleist - anspruchsvolles Theater, modern und schwungvoll präsentiert - sogar der kichernden Schulklasse hat's gefallen. Noch nie auf der Bühne erlebt hatte ich gesprochene Regieanweisungen, wie sie im Originaltext zu finden sind. Da sagt also der Hauptdarsteller: "Abgang Amphytrion". Sehr kurzweilig!

Der verlorene Faden bei Kafka?

Sehr praktisch: Im Burgtheater kann frau sich Kafkas "Prozess" in verträglichen 75 Minuten in einer Bühnenfassung zu Gemüte führen. Philipp Hochmair verkörpert zum Teil Josef K., zum Teil liest er Auszüge in der 3. Person. Uns (meiner ebenso literaturbegeisterten Zwillingsschwester Judith und mir) hat die moderne Fassung, aus der allerersten Reihe betrachtet, sehr gut gefallen. Nur rätseln wir nach wie vor darüber, ob der "Aussetzer" des Schauspielers in der ersten Hälfte Teil der Inszenierung war oder ob er tatsächlich ein Blackout hatte. Danach gab es sehr wohl Stellen, in denen Verwirrung und abrupt abbrechende Sätze vorgesehen waren. Aber angesichts der doch zu lange anhaltenden Stille denke ich, dass er hier wirklich den Faden verloren hat. Dementsprechend zerknirscht wirkte der Schauspieler dann auch beim Schlussapplaus. Oder habe ich mir das eingebildet?

2/08/2009

Stewart O'Nan: kurz und bündig in Wien

Auf Einladung von Richard Jurst von Buch & Wein las der von der Kritik hochgelobte amerikanische Schrifsteller Stewart O'Nan erstmalig in Wien - und zwar aus seinem neuen Roman "Songs for the Missing". Schauspieler Robert Reinagl las alternierend mit dem Autor aus der deutschen Übersetzung ("Alle, alle lieben dich"). Nach einer knappen halben Stunde mit nur wenig packenden Textstellen war das Vergnügen auch schon wieder vorbei. Gäste in den hinteren Reihen hörten laut Tonproblemen - überraschend bei einem so erfahrenen Veranstalter - anscheinend im ersten Teil wenig bis gar nichts. Als Entschädigung gab es einen grundsympathischen Autor, der mit endloser Geduld seine Bücher signierte. Ungewöhnlicher Veranstaltungsort war übrigens das Lokal Steindl im 6. Bezirk unweit der Mariahilfer Straße.